Pomeranzen Sulz
Bitterorangen-Weingelee
das original Rezept
20 Lth. Zucker werden mit 1 Quart Waßer geleitert dan kommt 1 Qu. weißer Wein dazu u. der Saft von 4 Orangen u. 1 Zittron durch basirt 1 1⁄2 Lth. aufgelöster Hausenblasen dan ein wenig kochen laßen, dan werden 2 Eierweißzu Schnee geschlagen u. geleitert, hir nicht zu stark kochen laßen, dan vom Feuer weggestelt, Kohlen darauf gethan1⁄4 St. stehen laßen, dan durch ein Tuch laufen laßen ineinen Model gefült u. auf’s Eis gestelt, wenn’s möglich istsoll es einen Tag zuvor gemacht werden, wenn man siestürzt, schlage ein heißes Tuch darüber damit sue heraus geht.
das heutige Rezept
Zutaten:
- 350 g Zucker
- 270 ml Wasser
- 270 ml Weißwein trocken
- 4 Orangen, Saft klassisch: Pomeranzen; alternativ normale Orangen + Saft von 1 Zitrone (zusammen ca. 250–300 ml)
- 10-12 Blatt Gelatine
- 2 Eiweiß optional
Zubereitung:
- Zuckersirup kochen: Wasser und Zucker aufkochen, 3–4 Minuten sanft köcheln, dabei entstehenden Schaum abschöpfen.
- Wein & Zitrussaft zugeben: Wein und die fein gefilterten Zitrussäfte in den Sirup rühren und erneut bis kurz unter den Siedepunkt erhitzen (nicht stark kochen).
- Modern binden (empfohlen): Topf vom Herd ziehen. Eingeweichte, ausgedrückte Gelatine in der heißen Flüssigkeit vollständig auflösen. (Mit 12 Blatt wird die Sulz schnittfest wie im Original; mit 10 Blatt wird sie weicher.) Durch ein sehr feines Sieb/Tuch gießen.Optional: Historisch „läutern“ (mit Eiweiß): Wer die Originaltechnik nachstellen will: vor dem Abseihen die verquirlten Eiweiße unter ständigem Rühren in die sehr heiße (nahe Siedepunkt) Flüssigkeit schlagen, 1–2 Minuten ziehen lassen, dann durch ein Tuch/Sieb ablaufen lassen. Achtung: Diese klassische Klärung stammt aus der Wein-/Geléebereitung. Mit moderner Gelatine ist Schritt 3 (ohne Ei) unkomplizierter.
- Abfüllen & kühlen: Masse in eine kalt ausgespülte Sturzform füllen. Mind. 6 Stunden, besser über Nacht, durchkühlen lassen.
- Stürzen & servieren: Form kurz (2–3 Sekunden) in heißes Wasser tauchen, abtrocknen, stürzen. Nach Wunsch mit Baiser oder dünn geschnittenen Orangenschalen garnieren.
Anmerkungen:
„Pomeranze“ = Bitterorange, im 18./19. Jahrhundert ein beliebtes Aroma in der Konditorei; auch als Sevilla-Orange bekannt. Der Saft ist deutlich herber als von Süßorangen.
Historisch wurde die Sulz mit Hausenblase (gereinigte Fischschwimmblase, reich an Collagen) oder Kalbsfußgelatine gebunden – genau wie im Rezept. Beides diente in Küche und Weinbereitung auch zum Klären („Schönen“) mit Eiweiß/Hausenblase. Heutige Entsprechung ist Gelatine.
Technik „Kohlen darauf“: Das im Text erwähnte Auflegen von Glut/Kohlen auf den Topfdeckel war eine historische Methode, die Mischung sanft warm zu halten, damit die Klärung ruhig abläuft. Heute genügt es, den Topf neben dem Herd warm stehen zu lassen und anschließend gründlich zu filtrieren.
Serviertipp (heute): Sehr kalt zu Biskuit, Mürbteigkeksen oder als frischer Abschluss nach deftiger Küche. Wer keine Bitterorangen bekommt, mischt 2 Teile Orangensaft + 1 Teil Grapefruitsaft für mehr Bitterkeit – geschmacklich näher an die historische Pomeranze (modern, nicht historisch belegt).
Quelle:
Dieses Rezept stammt aus dem Kochbuch "1867. Kochen im Hotel Bayerischer Hof".
Das handschriftliche Werk umfasst 288 Rezepte und gibt einen faszinierenden Einblick in die Esskultur des 19. Jahrhunderts. Es liegt im Original im Stadtarchiv Freising – ein Schatz aus einer vergangenen Zeit (mehr Infos...)
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